Eine Meldung schockte in den letzten Tagen die Startup-Welt: DaWanda hört auf! Damit verabschiedet sich Ende August eines von Deutschlands bekanntesten Startups und Urgestein der DIY-Plattformen. Händler sollen jetzt mit ihren Kundenbewertungen zum internationalen Anbieter Etsy wechseln.
DaWanda-Händlerin Bettina Lüttgen ist seit zwei Jahren unter dem Markennamen Paula & Ferdinand auf der Plattform unterwegs und verkauft personalisierte Produkte im Bereich Kids, Living und Wedding. Sie wagte nun einen anderen Schritt und eröffnete ihren ersten eigenen Onlineshop mit Shopify.
Wie Bettina Lüttgen diese Migration erlebt hat, was sie zum Aus von DaWanda sagt und was sie anderen Händlern mit auf den Weg geben kann, verriet sie uns im Interview.
Für mich war klar: Eine etablierte Marke braucht einen Onlineshop!
Von DaWanda zu Shopify: Paula & Ferdinand - jetzt mit eigenem Onlineshop
Von DaWanda zu Shopify zu wechseln, ist jetzt ganz einfach mit der neuen DaWandify Migrations-App.
Du führst ein Online-Geschäft mit personalisierten DIY-Produkten. Wie bist du auf die Idee gekommen und was hat es mit dem Namen auf sich?
Die Idee kam, als ich in der Elternzeit für mein zweites Kind war. Zu dieser Zeit habe ich angefangen unser Zuhause zu verschönern und bin auf diese Memoboards gestoßen, die es in Deutschland noch nirgendwo zu kaufen gab. Ich wollte so etwas gern für die Kinderzimmer haben, am liebsten mit den Namen meiner Kinder und habe diese kurzerhand selbstgemacht. Im Freundeskreis habe ich damit sehr großen Anklang gefunden. Meine Freunde waren es auch, die mir sagten, ich solle das professionell übers Internet verkaufen. Was zu dieser Zeit noch nicht so selbstverständlich war wie heute. Damals war ich noch Pressesprecherin bei einem Automobil-Hersteller und kam gar nicht aus der Branche. Allerdings empfand ich schon früher das Angestellten-Dasein als nicht besonders familienfreundlich.
Die Selbstständigkeit kann man viel besser mit der Familie verbinden. Deswegen habe ich den Schritt gewagt und mein Hobby zum Beruf gemacht.
Der Name Paula & Ferdinand ist meinen Kindern gewidmet. Das lag für mich einfach auf der Hand, denn wegen ihnen bin ich überhaupt zu dieser Idee gekommen.
Ein gelungener Webauftritt, der die Markengeschichte von Paula & Ferdinand erzählt und in dieser Form auf DaWanda (oder Etsy) nicht möglich gewesen wäre.
Lesetipp: Weitere Erfolgsgeschichten von Shopify-Händlern in Deutschland, Österreich und der Schweiz findest du hier.
Was ist das Hauptgeschäft von Paula & Ferdinand?
Übers Jahr gesehen ist das Hauptgeschäft der Verkauf der Memoboards, mit denen alles begonnen hat. Momentan können wir uns vor Schultüten-Bestellungen kaum retten. In der Vorweihnachtszeit boomen dann wiederum die personalisierten Nikolausstrümpfe. Nachdem ich mit den Memoboards angefangen habe, war die Nachfrage nach Kissen, Turnbeuteln und Co. aus den gleichen Stoffen sehr schnell da und ich wusste, dass es keinen Sinn macht, nur ein Produkt zu verkaufen.
Und gerade weil die Welt durch Internetnutzung und unseren täglichen Gebrauch von Mobilgeräten zunehmend unpersönlicher wird, glaube ich, dass diese persönlichen Produkte eine besondere Freude beim Kunden auslösen und deswegen so gut laufen.
So kannst du mit Abo-Commerce die Customer Lifetime Value Steigern.
Produzierst du deine Produkte selbst oder hast du Unterstützung?
Ich muss sagen, dass ich selbst gar nicht nähen kann. Deswegen habe ich mir von Anfang an eine professionelle Schneiderei gesucht, die meine Ideen umsetzt. Über eine Bekannte, die damals selbst Sachen nähte und für große Bestellungen die Schneiderei beauftragte, kam ich an den Kontakt. Für diese Schneiderei habe ich mich nach einiger Recherche im Internet schließlich entschieden und die Zusammenarbeit funktioniert bis heute wirklich gut.
Jedes Stück wird für die Kunden on-demand produziert.
Wann hast du angefangen die selbst produzierten Teile online zu verkaufen?
Ich habe vor zehn Jahren angefangen die Produkte online zu vertreiben und wollte es von Anfang an professionell machen. Ich ließ die Marke Paula & Ferdinand schützen, professionelle Fotos machen und ein Logo entwerfen. Zu dieser Zeit hatte ich auch eine eigene Webseite, die allerdings noch keinen Shop beinhaltete. Man konnte die Produkte online ansehen und per Telefon oder E-Mail bestellen. Die ersten schönen Fotos schickte ich dann direkt an große Onlineshops und fragte, ob sie Interesse hätten die Sachen in ihr Sortiment aufzunehmen. Online verkaufe ich jetzt unter anderem über Amazon, Westwing oder Tausendkind. Gerade bei Westwing war ich glücklich, dass dort meine Memoboards und Kissen verkauft werden. Das läuft hier jedoch ohne Personalisierung.
Auch Fachgeschäfte in ganz Deutschland z.B. in Leipzig, Stuttgart, Düsseldorf oder Berlin habe ich ausgesucht, um meine Produkte zu vertreiben. Das ist für mich ein zusätzliches Schaufenster.
Lesetipp: Wie Die Höhle der Löwen erfolgreiche Produkte hervorgebracht hat, die mit Shopify durchgestartet sind, erfährst du in diesem Beitrag.
Seit zwei Jahren bin ich außerdem bei DaWanda. Anfangs wollte ich dort nicht verkaufen, weil hier vor allem Hobby-Verkäufer unterwegs waren. Mit der Zeit kamen aber immer mehr schöne Marken-Shops hinzu. Das war für mich der entscheidende Punkt, um meinen eigenen DaWanda Shop-zu eröffnen.
Bei DaWanda hast du seitdem 285 Produkte verkauft. Was war dein erster Gedanke, als du erfahren hast, dass DaWanda schließt?
Ich habe das zuvor gar nicht verfolgt und nicht mitbekommen, dass es schon seit längerer Zeit schlecht um die Plattform stand. Deswegen hätte ich nie mit der Schließung gerechnet. Ich finde es sehr schade! DaWanda hat gut für mich funktioniert. Es war auch immer interessant zu sehen, dass man über jeden Shop andere Leute und Zielgruppen erreichen kann. Deswegen hätte ich bei DaWanda natürlich zusätzlich gern weitergemacht.
Da es DaWanda bald nicht mehr geben wird, bin ich umso glücklicher, dass mein Shopify Shop jetzt fertig geworden ist!
Du bist erst vor wenigen Tagen mit deinem neuen Shopify Shop live gegangen. Warum hast du dich für Shopify entschieden?
Für mich war klar: Eine etablierte Marke braucht einen Onlineshop! Für mich lag damals ein eigens programmierter Onlineshop, wie es meine Agentur empfohlen hatte, nicht im Budget. Deswegen setzte ich vorerst auf DaWanda. Aber natürlich wollte ich die Idee eines eigenen Shops nicht einfach aufgeben!
Ich habe mich deswegen weiter im Internet umgesehen, habe geschaut welche Shopsysteme von anderen Shops genutzt werden und kam zu Shopify. Das hat mir auf Anhieb am besten gefallen. Ich finde die Optik sehr ansprechend und habe mich deswegen vermehrt damit beschäftigt. Shopify ist sehr benutzerfreundlich und recht einfach einzurichten. Außerdem gibt es eine riesige Auswahl an schönen Themes, die mich zugegebenermaßen anfangs ganz schön überfordert hat.
Der eigene Shop – das war anfangs wie ein Dreitausender Berg, den ich erklimmen musste. Aber Shopify war für mich die perfekte Lösung.
Man muss am Anfang eine Menge entscheiden, eine Auswahl aus den vielen Möglichkeiten treffen und eine Vorstellung davon haben, wie alles aussehen soll. Das fand ich nicht immer einfach. Aber wenn man sich einmal damit beschäftigt, versteht man Shopify schnell und es macht großen Spaß den Shop einzurichten! Ich hatte außerdem noch einen Shopify-Experten zur Seite, der mir bei Fragen helfen konnte. So hat alles wunderbar funktioniert.
Lesetipp: Erfahre, wie eine Hamburger Unternehmerin mit Etsy und Shopify einen Neustart hingelegt hat.
Viele DaWanda-Händler stehen jetzt vor der Wahl Etsy als Verkaufsportal zu nutzen oder einen eigenen Shop zu öffnen. Warum bist du kein Etsy-Händler?
Etsy war zumindest früher keine Option für mich, da sie doch eher weltweit aktiv sind und sich weniger auf den deutschen Markt fokussieren. Ich kenne auch befreundete Händler, die bei DaWanda und Etsy verkauft haben. Niemand von ihnen konnte etwas Gutes über Etsy sagen und war bei Etsy besonders erfolgreich. Aber ich denke, wenn es DaWanda nicht mehr gibt, werden auch die ehemaligen DaWanda-Kunden zu Etsy umgeleitet, sodass es dort auch für deutsche Händler interessanter werden kann. Ich habe mir bisher noch keine Meinung darüber bilden können, ob ich doch mitgehe oder nicht.
Niemand von meinen befreundeten Händlern konnte etwas Gutes über Etsy sagen und war bei Etsy besonders erfolgreich.
Lies hier mehr über Etsy-Erfahrungen von Nutzer:innen.
Wie wird es mit Paula & Ferdinand weitergehen?
Im Moment bin ich bei Facebook und bei Instagram aktiv, um die Produkte und den Shop bekannt zu machen. Hier schalte ich auch selber Ads. Dann werde ich in nächster Zeit auch verstärkt PR machen und habe natürlich auch einen Kundenverteiler, den ich anschreiben will.
Ideen, auch für neue Produkte gibt es natürlich immer. Aber als One-Woman-Show ist es schwierig, alles umzusetzen. Hier muss ich mir die Zeit noch gut einteilen.
Ich habe vor kurzem einen Satz gehört, der mich sehr beschäftigt hat. Eine gute Weisheit, die ein Taxifahrer zum Thema Fußball-WM und Deutschland gesagt hat, jedoch auch auf das Geschäftliche übertragen werden kann:
Es ist einfach erfolgreich zu werden, aber es ist nicht einfach erfolgreich zu bleiben.
Sich etwas aufzubauen, ist nicht besonders schwer, wenn man es wirklich will und eine gute Idee hat. Ich betreibe mein Geschäft jetzt seit zehn Jahren und nach zwei oder drei Jahren florierte es. Deswegen lehnte ich mich erstmal zurück. Nach einem Jahr stellte ich fest, dass nichts mehr lief!
Um den Erfolg zu erhalten, muss man dranbleiben, sich immer wieder Neues einfallen lassen, mit der Zeit gehen und schauen welche Vertriebs- und Marketingkanälen angesagt sind. Bei meinen Produkten werde ich mir allerdings treu bleiben und nicht jeden Trend mitgehen. Hier werde ich nach wie vor auf das klassische und zeitlose Design setzen.
Kannst du abschließend anderen DaWanda Händlern, die jetzt vor Veränderungen stehen, Tipps mit auf den Weg geben?
Ich finde es wichtig, dass man sich nicht nur auf einen Kanal verlässt. Man sollte versuchen sich breiter aufzustellen und verschiedene Kanäle zu bedienen.
Ein schöner, eigener Shop ist doch mittlerweile Standard und wird für einen professionellen Gesamtauftritt gebraucht. Da finde ich Shopify wirklich eine tolle Sache und eine super Lösung!
Geposted von Hendrik Breuer: Hendrik ist Redakteur des deutschen Shopify-Blogs. Möchtest du einen Gastbeitrag veröffentlichen? Dann lies bitte zuerst diesen Leitfaden.
Die Autorin dieses Artikels ist Caroline Dohrmann.
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