Eigentlich war 2013 für den Handelsriesen Amazon ein erfolgreiches Jahr. Der Aktienkurs hatte sich mehr als positiv entwickelt und die Wachstumsprognosen waren hervorragend. Bis der Konzern im Weihnachtsgeschäft 2013 sein Waterloo erlebte: hunderttausende Bestellungen konnten von Amazons damaligen Logistikpartnern UPS und FedEx nicht rechtzeitig ausgeliefert werden, zahlreiche Geschenke trafen erst lange nach den Feiertagen bei den Kunden ein.
In den Folgemonaten brachen die Aktien des Onlinemarktplatzes deshalb ein. „Nie wieder“, schwor sich Firmenchef Jeff Bezos, sollte so etwas passieren, nahm Milliarden Dollar in die Hand und investiert seitdem intensiv in die hauseigene Logistik. Und auch Shopify ist die Wichtigkeit optimierter Logistik- und Fulfillment-Prozesse nicht entgangen. 2019 investierte unser Unternehmen zum ersten Mal in ein Lagerzentrum in Kanada und baut die logistischen Möglichkeiten, die es seinen Kunden zur Verfügung stellt, weiter aus.
Wie Onlinehändler von der Investition in Fulfillment profitieren und welche Möglichkeiten und Tipps es zur effizienten und erfolgreichen Umsetzung gibt, haben wir in unserem Beitrag zusammengefasst.
Das Wichtigste zuerst: Was ist Fulfillment?
Der Ausdruck Fulfillment ist ein Sammelbegriff für alle Schritte, die zur erfolgreichen Erfüllung eines Kaufvertrages im Versandhandel gehören – tatsächlich bedeutet das Wort wörtlich übersetzt Erfüllung.
Darunter fallen:
- Bestellannahme
- Lagerhaltung
- Kommissionierung
- Verpackung & Frankierung
- Versand
- Rechnungsstellung
- Zahlungsabwicklung
- Mahnwesen
- Retouren & Support
Verschiedene Abteilungen, darunter die Logistik, die Buchhaltung und der Kundenservice, arbeiten für ein erfolgreiches Fulfillment Hand in Hand.
Lesetipp: Welche Vorteile die Auslagerung des E-commerce Fulfillments mit sich bringt und welche Anbieter die richtigen für dich sind.
Warum es sich lohnt, über Investitionen in das Fulfillment nachzudenken
Kurz gesprochen: Weil es um den Erfolg deines eigenen Unternehmens geht. Klar, wenn du mit deinem Business gerade erst gestartet bist und sich deine Bestellungen in einem überschaubaren Bereich bewegen, kannst du alles rund um Logistik und Versand noch selbst erledigen: den Zahlungseingang überprüfen, die Ware aus dem Lager holen, sie verpacken, eine Briefmarke drauf kleben und ab die Post.
Spätestens wenn dein Unternehmen wächst und sich die täglichen Bestellungen auf dreistellige Bereiche zubewegen, ist die Arbeit im Alleingang nicht mehr zu bewältigen.
Nun stellt sich die Frage, ob es sich lohnt, Mitarbeiter einzustellen, einen externen Dienstleister zu beauftragen oder in Logistiksoftware zu investieren. Die Antwort ist in fast jedem Fall ein bedingungsloses „Ja.“ Denn wenn es an einer einzigen Stelle im Fulfillment-Prozess hakt, gerät der gesamte Verkaufsvorgang ins Schlingern: Registriert die Buchhaltung einen Zahlungseingang nicht rechtzeitig, wird eine Bestellung nicht umgehend an das Lager weitergeleitet, ist nicht ausreichend Verpackungsmaterial vor Ort, verzögert sich der Versand deiner Ware.
Mit der Inventarverwaltung bringst du Ordnung in dein Lager und behältst den Überblick über all deine Vermögenswerte!
Und ein Kunde, der zu lange auf sein Paket warten muss, der sich mit Problemen bei der Bezahlung herumärgert oder der beschädigte Artikel erhält, ist ein Kunde, den du nie wiedersehen wirst. Je reibungsloser dein Fulfillment also abläuft und je besser dein Kundenservice dabei ist, desto größer sind deine Chancen auf das weitere Wachstum deines Unternehmens. Investitionen in Logistik, Versand und Support sind iterative Schritte auf dem Weg zum langfristigen Erfolg.
Lesetipp: In diesem Leitfaden zeigen wir dir, wie du deine eigene Marke aufbaust und Vintage-Kleidung online verkaufen kannst.
Deine Möglichkeiten für effizientes Fulfillment
Je nach Größe deines Shops und den Ansprüchen, die du stellst, stehen dir für ein erfolgreiches Fulfillment verschiedene Wege offen. Diese lassen sich in folgende Kategorien unterteilen:
Unterstützung genau wo du sie brauchst: Fulfillment-Software
Wenn du beginnst, dich am Markt zu etablieren und deine Auftragsbücher sich füllen, dann haben Zettel und Stift oder die Excel-Tabelle bald ausgedient. Es wird Zeit, auf dedizierte Software zu setzen.
Der aktuelle Markt bietet hier zahlreiche Lösungen an, die sich in Umfang, Komplexität und Nutzerfreundlichkeit deutlich unterscheiden. Manche Programme spezialisieren sich auf die Lagerverwaltung, andere automatisieren Einkauf und Angebotserstellung oder unterstützen dich in der Kundenerfassung und der Zuordnung von Bestellungen.
Dein Lager bereitet dir Probleme? In diesem Beitrag zeigen wir dir, was es mit einem Lagerverwaltungssystem auf sich hat und wie du ein solches nutzt!
Lohnenswert sind daher insbesondere modulare Systeme. Das bedeutet, dort kannst du genau die Software-Komponenten zukaufen und nutzen, die für dich und deinen Fulfillment-Prozess momentan den größten Wert haben.
Tipp: Für den Anfang empfehlen wir dir außerdem einen Blick in den Shopify App Store. Dort findest du bereits eine Auswahl an Programmen, die dich bei deiner täglichen Logistikarbeit unterstützen.
Hilfe von Außen: Logistikdienstleister
Ergänzend zur Investition in eine Fulfillment-Software bietet sich die Kooperation mit einem Logistikdienstleister an. Denn spätestens, wenn du einen Kleintransporter bräuchtest, um deine täglichen Bestellungen selbst bei der nächsten Poststelle abzuliefern, lohnt es sich, diese Arbeit auszulagern.
Seit 2007 das Briefmonopol fiel, ist das Angebot an Logistikdienstleistern in Deutschland immer weiter gewachsen. Zu den großen Namen gehören DHL, UPS, TNT, Hermes und FedEx. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Anbieter, die dir als Geschäftskunden gerne ihre maßgeschneiderten Angebote unterbreiten werden.
Wir zeigen dir, was es mit der SKU-Nummer auf sich hat!
Von der Abholung über die Expresslieferung bis hin zum Versand ins Ausland wirst du in den Portfolios dieser Zulieferer alles finden, was das Händlerherz höherschlagen lässt – ein wenig Recherchearbeit und ein intensiver Angebotsvergleich vorausgesetzt.
Wenn der Lieferwagen vor der Tür steht, ist das Fulfillment fast komplett
Alles aus einer Hand: Fulfillment-Dienstleister
Zuletzt besteht für dich die Möglichkeit, dein Fulfillment in Teilen oder sogar gänzlich in fremde Hände zu geben. Je nach Anbieter und gewähltem Servicepaket lassen sich so die gesamte Warenhaltung, das Rechnungswesen, der vollständige Bestellvorgang inklusive Bezahloptionen und Mahnwesen oder sogar der Kundensupport auslagern.
Lade dir hier die Übersicht aller Fulfillment-Anbieter herunter und vergleiche alle Features, die dir zur Verfügung stehen:
Auch hier ist das Angebot an Dienstleistern umfangreich; viele große Unternehmen, die sich bislang nur auf den Versand spezialisiert hatten, wollen mittlerweile am Onlinehandel mitverdienen. So findet sich auf der Liste der Fulfillment-Dienstleister DHL mit seinem eParcel-Service. Andere große Anbieter sind unter anderem arvato, die PVS-Gruppe oder Dohmen Solutions.
Lesetipp: Erfahre, wie du 3PL für deine Logistik nutzen kannst.
Sogar Amazon selbst stellt seine Logistik-Infrastruktur und seinen Kundendienst externen Händlern als Fulfillment by Amazon (FBA) zur Verfügung. Aber selbstverständlich lässt auch Shopify dich nicht im Regen stehen, sondern baut ein Netzwerk aus Partnern, wie Byrd, ondemandcommerce und vielen anderen auf, die Händlern, einen auf Shopify zugeschnittenen Fulfillment-Service anbieten.
Wichtig ist dabei immer, dass du dir genau überlegst, welche Teile deines operativen Geschäfts du gerne auslagern möchtest und dir anschließend von verschiedenen Anbietern Angebote einholst. So erhältst du den bestmöglichen Vergleich über Kosten und Nutzen und kannst eine auf deine Bedürfnisse abgestimmte Entscheidung treffen.
Wenn du noch auf der Suche nach Inspiration für deinen Shop bist, beschäftigen wir uns in diesem Blogbeitrag mit der Frage: "Was lässt sich gut verkaufen?"
Das Fulfillment selbst in der Hand behalten
So nimmst du dein Fulfillment selbst in die Hand
Es gibt gute Gründe, dein Fulfillment nicht in fremde Hände zu legen. Vielleicht ist dein Business einfach noch nicht groß genug oder es behagt dir schlicht nicht, die Kontrolle abzugeben. Möglicherweise produzierst du deine Ware sogar selbst und bist daher auf ganz außergewöhnliche Kompetenzen rund um Lager und Versand angewiesen.
Lesetipp: Erfolgsgeschichten (mit und ohne Fullfillment aus der eigenen Hand!) von Shopify-Händlern in Deutschland, Österreich und der Schweiz findest du hier.
Was auch immer der Grund sein mag, dich selbst um dein Fulfillment zu bemühen, Optimierungspotenzial gibt es in der Regel immer. Insbesondere folgende Tipps haben sich als hilfreich erwiesen:
1. Kontrolliere deine Ware, sobald du sie erhältst
Erfolgreiches Fulfillment beginnt nicht erst mit der Bestellung deines Kunden, sondern bereits dann, wenn du die Ware von deinen Lieferanten erhältst. Überprüfe sie daher noch bevor du sie einlagerst auf Unversehrtheit und Vollständigkeit, denn ein beschädigtes Produkt an einen Käufer auszuliefern zieht meist einen ganzen Rattenschwanz an unnötiger Arbeit nach sich.
2. Halte dein Lager übersichtlich
Zeit ist Geld und Zeit, die du auf der Suche nach einem Artikel verlierst, ist verschwendetes Geld. Halte dein Warenlager daher immer aufgeräumt und sortiert. Ein übersichtlicher Plan, in dem Gänge und Fächer systematisch vermerkt sind, ist empfehlenswert. Achte weiterhin auf eine saubere und leserliche Beschriftung deiner Lagerplätze. Spätestens, wenn du einen Mitarbeiter einstellst, wird dieser dir deine Ordnung danken.
So sollte dein Lager besser nicht aussehen
3. Nutze in deinem Lager das ABC-System
Eine einfache, aber effiziente Variante, dein Lager zu sortieren, ist das ABC-System. Dabei gelten Artikel, die du häufig verkaufst, als A-Ware. Artikel mit geringer Nachfrage sind C-Ware. B-Ware liegt zwischen diesen beiden Extremen.
A-Ware gehört im Lager natürlich weit nach vorne und muss gut erreichbar sein. C-Ware dagegen kann ihren Platz gerne weit hinten oder ganz oben im Regal finden. So erreichst du ganz einfach schnelle Zugriffszeiten.
4. Nutze das ABC-System bei Retouren
Auch Retouren gehören zur Fulfillment-Realität. Um dir hier Arbeit zu sparen, bietet sich ebenfalls eine ABC-Sortierung an.
A steht für Produkte, die verpackt und unbenutzt zurückkommen. Diese können direkt wieder in dein Lager überführt werden.
B beschreibt alle Artikel, an denen vor einem erneuten Verkauf ein wenig Hand angelegt werden muss. Zum Beispiel, wenn sie eine neue Verpackung benötigen oder einer Reinigung bedürfen.
C sind alle zurück gesandten Lieferungen, die nicht mehr zu retten sind. Also defekte oder zerstörte Produkte, die du leider abschreiben musst.
Lesetipp: Einfache Möglichkeiten, wie Online-Händler:innen ihr Retourenmanagement optimieren können erfährst du hier.
5. Nutze eine einheitliche Verpackungsgröße
Es mag nicht die umweltfreundlichste Lösung sein und wird von den meisten Kunden nicht gerne gesehen, aber wenn du dich auf wenige Verpackungsgrößen beschränkst, sparst du Zeit und Geld. Denn zum einen wird dir der Hersteller seine Kartons günstiger überlassen, wenn du ihm größere Stückzahlen abnimmst. Zum anderen werden die nötigen Handgriffe beim Zusammenfalten und Verschließen der Umverpackung so leichter zur Routine, was sich positiv auf dein Zeitbudget auswirkt. Aus ökonomischer Sicht ist dies also eine sinnvolle Maßnahme, aus ökologischer allerdings nicht – eine Entscheidung, die du gründlich überdenken solltest.
Das Verpackungsgesetz 2019: Was Online-Händler jetzt unbedingt wissen müssen, liest du hier!
6. Sei flexibel in den Arbeitszeiten
Falls du bereits Mitarbeiter für den Versand eingestellt hast, schreibe ihnen keine festen Arbeitszeiten vor. Jeden Tag stur acht Stunden abzusitzen ist nicht effektiv, denn gerade im Onlinehandel laufen an bestimmten Wochentagen, zu unterschiedlichen Uhrzeiten oder saisonbedingt einfach mehr Bestellungen auf. Hier ist Flexibilität gefragt.
7. Beginne mit kleinen Schritten
Es mag verführerisch sein, deinen Kunden einen Über-Nacht-Lieferservice anzubieten. Der damit verbundene Aufwand und das Mehr an Arbeit nehmen allerdings schnell Überhand. Gehe daher immer iterativ vor: mache einen neuen Schritt und erst wenn alles gut läuft, plane den nächsten. Biete den 24-Stunden-Versand beispielsweise zunächst nur für wenige ausgewählte Produkte an. Wenn der Vorgang sich dann eingespielt hat, erweiterst du dieses Angebot sukzessive für weitere Artikel.
Du bist auf der Suche nach einer passenden Inventarsoftware? Wir haben Tipps!
8. Sei erreichbar und bleibe kommunikativ
Endziel des Fulfillment-Prozesses ist immer der erfolgreiche Geschäftsabschluss. Dazu gehört auch der direkte und vor allem ehrliche Draht zu deinen Kunden. Wenn ein Produkt zum Beispiel überraschend nicht lieferbar ist, teile dies deinen Käufern umgehend mit – per E-Mail oder am Telefon. Deine Kundschaft wird dir diese Offenheit danken und als guten Service wahrnehmen. Eine kommentarlose, wochenlange Verzögerung ihrer Lieferung dagegen wird sie dir so schnell nicht verzeihen.
9. Sorge für positive Erfahrungen
Zuletzt gehört zu einem perfekten Fulfillment immer ein erfreuliches Einkaufserlebnis. Beschränke dich daher nicht nur auf prompte Lieferung und vielfältige Versand- wie Bezahloptionen, sondern gehe einen Schritt weiter. Telefonische Beratung ist ebenso Teil eines umfassenden Service wie eine kulante Umtauschpolitik. Eine kleine Aufmerksamkeit, die du der Lieferung beilegst, sorgt dafür, dass dein Shop in guter Erinnerung bleibt. Und eine letzte E-Mail mit einem freundlichen Dankeschön für den Einkauf rundet das Erlebnis ab.
Lesetipp: Dank des Lagerumschlag optimierst du deine Lagerbestände sowie Liquidität und sorgst für reibungslose Kundenerlebnisse!
Investition in das Fulfillment heißt Investition in deine Kunden
Seit dem Weihnachtsdebakel von 2013 sorgt Amazon mit gewaltigen Geldmengen dafür, seinen Kunden den Einkauf so angenehm wie möglich zu gestalten. Sei es der Prime-Service, die Lieferung am selben Tag oder das sorgenfreie Retourenmanagement.
Der Erfolg dieser Maßnahmen ist deutlich sichtbar, der Konzern aus Seattle wächst und wächst – und was bei dem Milliardenkonzern funktioniert, lässt sich auch für kleinere Shops übernehmen.
Ob du dabei nun in externe Dienstleister investierst oder einfach ein paar unserer Tipps in die Tat umsetzt, spielt keine große Rolle.
Wichtig ist nur, dass deinen Kunden ein Einkauf in deinem Shop als eine Erfahrung im Gedächtnis bleibt, die sie gerne wieder machen möchten.
Denn nur so werden sie erneut bei dir kaufen oder sogar zu Stammkunden, empfehlen dich weiter und tragen so zu deinem langfristigen Erfolg bei.
Über die Autorin: Inara Muradowa ist SEO & Content Beraterin. Ihr Schwerpunkt ist der Bereich E-Commerce. Im Shopify-Blog porträtiert sie am liebsten erfolgreiche Gründer*innen und gibt Insider-Tipps zu aktuellen Trends.
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