Dem E-Commerce gehört die Zukunft, der Einzelhandel kann einpacken: laut einer repräsentativen Studie des Bundesverbandes E-Commerce stieg der Bruttoumsatz im Onlinehandel 2018 um satte 11,4 Prozent. Im gleichen Zeitraum konnte der stationäre Handel nur ein Plus von mageren 2,4 Prozent verbuchen.
Klare Verhältnisse könnte man meinen. Ganz so einfach ist die Lage allerdings doch nicht. Denn im stationären Handel setzt sich ganz allmählich ein neuer Trend durch. Die Zeiten gesichtsloser Filialen, die alle den gleichen Einheitsbrei anbieten, nähern sich ihrem Ende; die Geschäftsinhaber vor Ort besinnen sich auf ihre Stärken: umfassender Kundenservice, persönliche Beratung und Einkaufen als ganzheitliches Erlebnis.
Höchste Zeit für dich als Onlinehändler, dem etwas entgegenzusetzen und den Besuchern deines Shops mehr zu bieten, als ein paar hochglänzende Produktbilder. In diesem Artikel erfährst du, welche Möglichkeiten dir in Sachen interaktiver Produktvisualisierung offenstehen, um deine Kunden wirklich zu begeistern.
Erlebnis Shopping: anfassen, ausprobieren, dabei sein
Natürlich hat Onlineshopping gegenüber dem klassischen Einkauf unbestreitbare Vorteile: Es ist bequem und schnell, bietet einen einfachen Überblick über Preise und Produkte und erlaubt die Auswahl aus einer Vielzahl verschiedener Artikel unterschiedlichster Hersteller. Kein Problem also, wenn ein Kunde bereits weiß, was er will oder es sich bei seinem Einkauf um ein sehr spezifisches Produkt handelt. Dann genügen ein paar Mausklicks und sein Buch, seine CD oder sein HDMI-Kabel sind auf dem Weg zu ihm.
Schwieriger wird es, wenn der Käufer sich nicht auskennt und Beratung wünscht – was insbesondere Artikel aus dem Bereich Elektronik betrifft. Denn dann bleibt ihm meist nur die Möglichkeit, sich durch unübersichtliche Bewertungsseiten zu quälen oder kostenpflichtige Testberichte zu studieren.
Geht es womöglich um Produkte, die der Kunde mit Emotionen verknüpft, die er mit seiner eigenen Persönlichkeit verbindet oder die eine repräsentative Funktion erfüllen, wird es richtig kompliziert: Die neue Brille wird ein Käufer jeden Tag tragen, für ihn ist sie mehr als ein Fashion-Statement; nämlich ein Ausdrucksmittel des eigenen Stils – er möchte sie anprobieren.
Unter diesen Gesichtspunkten hat der Einzelhandel klar die Nase vorne. Hier ist es kein Problem, schnell in der Umkleidekabine zu verschwinden, um den Rock anzuprobieren, das Diadem anzulegen oder sich entspannt auf einem Bett breitzumachen.
Für nachhaltiges Wachstum und langfristige Kundenbindung im E-Commerce sind daher neue Maßnahmen erforderlich. Artikel sollten online plastisch und erlebbar präsentiert und Besuchern durch professionelle Beratung und Service schmackhaft gemacht werden.
Lesetipp: In diesem Beitrag haben wir 22 Plattformen für dich zusammengestellt, auf denen du kostenlose Bilder für deine Website, deinen Blog, den kommerziellen Gebrauch o. Ä. finden kannst.
Produktvisualisierung: von bunten Bildern bis hinein in die virtuelle Realität
Die eigene Ware ansprechend zu präsentieren, ist seit Jahrhunderten eine der Kernaufgaben jedes guten Händlers: sei es am Marktstand, im Schaufenster oder im Onlineshop. Dabei möchte der Verbraucher das Objekt seiner Begierde von allen Seiten erfassen; es am liebsten an- und ausprobieren.
Um diesem Kundenwunsch gerecht zu werden, bieten sich dir als Onlinehändler inzwischen unterschiedliche Möglichkeiten:
Der Klassiker: Das Produktbild
Der erste Schritt zu erlebbaren Produkten: gute Produktbilder
Fotos sind der Grundbaustein zur Präsentation deiner Produkte und in der Regel hast du, selbst, wenn du gerade erst mit deinem Shop durchstartest schon die Möglichkeit ansprechende Bilder zu erstellen oder erstellen zu lassen. Ist dein Warenangebot sehr umfangreich, kann es sogar sein, dass du ausschließlich auf Bilder setzen musst, um deine Produkte in ganz besonderem Glanz zu präsentieren.
Wenn du noch auf der Suche nach Inspiration für deinen Shop bist, beschäftigen wir uns in diesem Blogbeitrag mit der Frage: "Was lässt sich gut verkaufen?"
Dabei gilt es, folgende Punkte zu beachten:
Professionalität zahlt sich aus: Wenn du deine Produktbilder selbst schießt, mache die Aufnahmen bitte nicht eben schnell mit dem Handy. Aspekte wie das richtige Licht oder die Perspektive haben großen Einfluss auf die Attraktivität eines Artikels. Wenn es im Rahmen deines Budgets liegt, vertraue daher auf die Expertise eines echten Fotografen; die Qualitätsunterschiede sind enorm.
Mehr ist besser: Je mehr unterschiedliche Ansichten du deinen Besuchern auf ein Produkt präsentieren kannst, desto besser. Fotografiere Artikel daher immer von allen Seiten; achte insbesondere bei Schmuck und Mode darauf, auch Bilder aufzunehmen, auf denen die Ware getragen wird.
Storys wecken Emotionen: Im Idealfall steht mindestens ein Bild deines Artikels in einem Kontext. Bei einer Pfanne wird gerade ein leckeres Gericht darin gebrutzelt, die Sonnenbrille wird lässig im sonnenbeschienenen Café getragen oder die Blumenvase liebevoll angerichtet. Denn so weckst du im Betrachter Emotionen und damit auch Lust, deine Ware zu kaufen.
Lesetipp: Du willst alles selbst machen? Dann solltest du dich auch mit Bildbearbeitung auskennen! Wir geben dir wertvolle Tipps dazu. Mehr dazu gibt's hier.
Von allen Seiten betrachten: 360°-Bilder
Besser als einfache Fotos sind digitalisierte 360°-Aufnahmen, die sich in einem Browserfenster beliebig drehen und zoomen lassen. Der Besucher deiner Webseite bekommt so einen viel plastischeren Eindruck von einem Produkt und lässt sich eher zu einem Kauf hinreißen.
Natürlich erfordern 360°-Aufnahmen mehr Einsatz als schlichte Fotos. Um deine multidimensionalen Produktbilder zu erhalten, stehen dir drei Wege offen:
Es den Profis überlassen: Die teuerste, aber auch bequemste Variante: Zahlreiche Spezialisten bieten dir für die 360°-Modell-Erstellung online ihre Dienste an. Alles, was die Profis benötigen, ist der Zugang zu deinen Artikeln, um ihre Aufnahmen zu machen.
Die halbe Arbeit selbst erledigen: Kostengünstiger ist es, einem Designstudio alle benötigten Fotos zuzuschicken. Mindestens sechs Aufnahmen sind dabei erforderlich: von allen vier Seiten, sowie von oben und unten. Aus deinen Bildern zaubern die Grafiker dann ein 3D-Modell. Du selbst benötigst nur eine gute Kamera sowie einen geeigneten, hellen Ort, um die Bilder aufzunehmen.
Alles selber machen: Die komplette Arbeit alleine zu erledigen kostet zwar Zeit, ist aber leichter als du vielleicht denkst. Kostenlose Software wie Autodesk Recap360 benötigt tatsächlich nur zahlreiche Aufnahmen aus unterschiedlichsten Perspektiven, um aus einem Produkt ein plastisches Modell zu erzeugen. Alternativ dazu findest du im Shopify App Store Programme wie Magic 360 Spin oder 360 Product Spinner, die dir helfen, aus deinen Fotos virtuelle 3D-Bilder zu zaubern.
Das geht offline nicht: Produktkonfiguratoren
Natürlich bietet das Web auch Vorteile, die sich in einem physischen Store nicht realisieren lassen. Insbesondere, wenn es um das Selbstdesignen von Produkten geht, profitieren Onlinehändler von einigen Vorteilen.
Die Rede ist von Produktkonfiguratoren und sie funktionieren folgendermaßen: Besucht ein Käufer die Seite eines Artikels, kann er ihn vor dem Kauf auf verschiedene Arten an seinen persönlichen Geschmack anpassen. Die simpelste Option ist dabei die Farbwahl. So wäre es zum Beispiel denkbar, dass das gleiche Fahrrad in Rot, Grün oder Schwarz erhältlich ist. Ein Klick auf den entsprechenden Button und der Drahtesel wechselt vor den Augen des Nutzers seine Farbe.
Einen Schritt weiter geht in Sachen Wahlmöglichkeiten der Chronometer-Shop Tastemaker. Hier kann der Kunde nicht nur die Farbe des Ziffernblattes und des Armbandes bestimmen; auch die Wahl des Materials, aus dem die Handschlaufe gefertigt wird, kann er in allen Variationen „ausprobieren.“ So stimmt er seine Uhr optimal auf seinen Look ab und konfiguriert sich das passende Chronometer elegant zum Anzug oder lässig zum Freizeitdress.
Lesetipp: Die komplette Story zu Tastemaker und wie sie ihre Mobile User Experience optimierten, liest du hier.
Einen Konfigurator der besonderen Art bietet der Möbelhändler Pazls. Dort dreht sich alles um ein schöneres Zuhause und ein Thema, bei dem Kunden sich besonders schwertun: Möbel. Denn wer sich möglicherweise für viele Jahre für einen Wohnbegleiter entscheidet, möchte auch, dass dieser wirklich in sein Heim passt.So einfach kann Möbeldesign sein – der Pazls-Konfigurator
Pazls löst dieses Problem ebenso simpel wie genial. Die Kunden bauen ihre Möbel einfach selbst zusammen; direkt auf der Homepage und nach dem Baukastenprinzip. Elemente werden an die gewünschte Stelle gezogen und per Mausklick eingefärbt - fertig ist die Schrankwand. Das gute Stück lässt sich dabei vollständig drehen und von allen Seiten betrachten.
So liefert Pazls seinen Kunden einen Service, den es im Einzelhandel nicht gibt. Jedes Möbelstück ist ein Unikat und das Selbstbauen stellt vom ersten bis zum letzten Tastendruck eine emotionale Verbindung zwischen Kunden und Produkt her, die zudem richtig Spaß macht.
Lesetipp: Shopify-Händler wie Pazls machen vor, was einen richtig guten Onlineshop ausmacht. 20 Beispiele für deine Inspiration findest du hier.
Service visuell – Soziale Kanäle nutzen
Auch in Sachen Kundenberatung kannst du als Onlinehändler eigene Wege einschlagen. Nicht unbedingt, indem du jedem Besucher deines Shops in einem Chatroom auflauerst und fragst, ob du helfen kannst, sondern indem du dich in der Präsentation deiner Waren nicht nur auf deinen Store beschränkst.
Gerade die einschlägigen Social-Media-Seiten wie Instagram, YouTube und Pinterest (Wie funktioniert Pinterest? Wie's funktioniert, zeigen wir dir). bieten dir die Chance, abseits von Ladenfront und Euro-Zeichen Produkte spannend, ansprechend und originell zu präsentieren. So weckst du in deinen Besuchern ganz unbewusst die Kauflust und hast nebenbei noch die Chance, dein Markenimage zu schärfen und dich als authentischer und verlässlicher Partner zu positionieren.
Wie das im Detail aussehen kann, zeigt Generation YES. Dort hat man sich auf Haushaltsgeräte spezialisiert und liefert den Kunden eine ganze eigene Form der Produktpräsentation: Jeden Artikel, der im Shop angeboten wird, testen Shopbetreiber Matthias und Moritz zunächst selbst auf Herz und Nieren.
Lesetipp: Du willst wissen, wie Generation YES mit Augmented Reality und Social-Media-Videos erfolgreich wurde? Die ganze Storyliest du hier.
Ihre Erfahrungen mit Küchenmaschinen, Pasta-Makern und Stabmixern teilen sie dann über ihren YouTube-Kanal. Ähnlich wie man es aus dem Fernsehen vom Teleshopping kennt, stellt das Team von Generation YES dort alle möglichen Küchengeräte vor und gibt Tipps zu Zubehör, Wartung und Reinigung oder präsentiert Rezeptideen.
Die Videos wirken dabei ebenso charmant und ehrlich wie der Shop selbst: Zwar wurden sie allesamt vor beeindruckender Studiokulisse, inklusive perfekter Beleuchtung und professionell erstelltem Intro produziert, inhaltlich allerdings führt Generation YES spontan und vor allem authentisch durch das Programm.
Die Vorteile eines Gerätes werden ebenso betont wie seine Nachteile; ein hölzern vorgetragenes Skript existiert nicht, moderiert wird frei Schnauze mit einem gelegentlichen „Äh …“ dazwischen. So bleiben die Jungs und Mädels der YES-Crew menschlich, nahbar und überzeugend.
Lesetipp: Erfahre, wie das Premium Modelabel Delicatelove nach einer Kooperation mit „Germany’s Next Topmodel“ fünfstellige Zugriffszahlen meisterte und was dabei zu beachten ist.
Der letzte Schrei: Augmented Reality
Augmented Reality (AR) bedeutet in etwa erweiterte Realität und bezeichnet die Ergänzung der natürlichen Wahrnehmung durch computergenerierte Inhalte. Seit den letzten Jahren zählt AR unter den E-Commerce Trends als neueste Innovation.
Lesetipp: Hier findest du unsere 12 Tipps, um mehr YouTube-Abonnenten zu gewinnen.
Übertragen auf den E-Commerce bieten sich so Chancen, ein Produkt zwar nicht direkt, dafür aber zumindest virtuell zu erleben. Stell dir vor, du verkaufst Blumenvasen. Dein Kunde möchte nun nicht nur wissen, wie eine Vase aussieht und wie groß sie ist, sondern auch, wie sie sich in seiner Küche macht. Das funktioniert so:
Der Besucher öffnet die Produktseite des besagten Dekoartikels auf seinem Smartphone und tippt dort einen Button an. Dieser öffnet die Kamera des Handys, das aufgenommene Bild wird jedoch von einem 3D-Modell der Vase überlagert. Dieses lässt sich dabei zusätzlich rotieren, sodass es beliebig positioniert werden kann. Dein Kunde kann den Artikel so an jeder beliebigen Stelle seines Zuhauses ausprobieren und sich einen Eindruck davon verschaffen, ob es zur Einrichtung und zum Stil passt.Augmented Reality wird sich weiter etablieren
AR etabliert sich im E-Commerce gerade erst. Im Zusammenspiel zwischen Smartphone-Kamera und Shop sind allerdings schon zwei weitere Anwendungsmöglichkeiten auf dem Markt und berücksichtigen dabei das sensible Thema Mode:
Kleidung online anprobieren: Die meisten Menschen möchten Anziehsachen anprobieren, bevor sie sie kaufen. Was also läge näher, als ihnen diese Option online anzubieten?
Modehändler stellen diese Möglichkeit mithilfe von Apps wie Pro Fit bereit. Ein Shopify-Beispiel dieser neuen Technologie findest du im Store der Herrenboutique Masterclass Apparel.
Und so geht es:
- Ein Selbstporträt in Unterwäsche schießen
- Hochladen
- Fertig.
Nun kann der Nutzer im Store stöbern und seiner fotografischen Kleiderpuppe fast jeden Artikel anziehen. Natürlich fällt der Stoff des Pullis nicht wie in der Realität über die Hüften und die Hose sitzt am echten Bauch wohl auch ein wenig anders, aber um ein Gefühl für ein Kleidungsstück zu bekommen, eignet sich die Anwendung bereits hervorragend.
Brillen virtuell aufsetzen: Noch eigensinniger als bei Mode sind Kunden, wenn es um die Auswahl ihrer Brille geht. Schließlich wird diese weniger häufig gewechselt als ein Oberteil.
Um dem gerecht zu werden, stellen Optiker wie Apollo oder Mister Spex eine virtuelle Anprobe in ihren Shops zur Verfügung. Das Prinzip ist das gleiche wie bei Kleidungsstücken: Foto machen, Brille wählen, der Computer projiziert sie auf die Aufnahme.
Auch hier gibt es noch Verbesserungspotenzial – außergewöhnliche Kopfformen bereiten der Software Schwierigkeiten, Haare sollten möglichst nicht im Bild sein. Ob Form und Farbe zu einem passen, lässt sich aber bereits gut bestimmen.
Online verkaufen wie im Laden um die Ecke
Der Onlinehandel ist also kein Selbstläufer, sondern erfordert mindestens so viel Einsatz wie ein physischer Laden. Dort mag es zwar einfacher sein, Produkte erlebbar zu machen und den Kunden zu umgarnen, im Web allerdings existieren zahlreiche Möglichkeiten gleichzuziehen oder die Vorteile des stationären Handels zu übertrumpfen.
Produktvisualisierung beschreitet online immer neue Wege und dank neuer Techniken vor allem im Bereich der AR ist ein Ende hier noch lange nicht abzusehen.
Schnapp dir also deine Kamera, setz dich an die Tastatur und sorge dafür, dass Surfer auch in deinem Shop ein Einkaufserlebnis erfahren dürfen, wie sie es sich bislang in ihren kühnsten Träumen nicht ausgemalt haben. Dann wird auch 2020 für die Online-Branche wieder zu einem neuen Rekordjahr.
Über die Autorin: Inara Muradowa ist SEO & Content Beraterin. Ihr Schwerpunkt ist der Bereich E-Commerce. Im Shopify-Blog porträtiert sie am liebsten erfolgreiche Gründer*innen und gibt Insider-Tipps zu aktuellen Trends.
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