Der Onlinehandel boomt. Immer mehr Unternehmer:innen starten ihren eigenen Onlineshop und verkaufen ihre Produkte sogar weltweit. Dabei ist es allerdings besonders wichtig, ein ganz bestimmtes Thema nicht außer Acht zu lassen: die Umsatzsteuer.
Egal, ob du auf deiner eigenen Website oder auf Marktplätzen wie Amazon oder eBay verkaufst – als Unternehmer:in bist du in den meisten Fällen umsatzsteuerpflichtig. Denn grundsätzlich gilt: Wer Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt erbringt, muss Umsatzsteuer abführen. Doch es gibt Ausnahmen und spezielle Regelungen, die es sich zu kennen lohnt.
In diesem Beitrag erfährst du, welche Regelungen gelten und was du als Onlinehändler:in zur Umsatzsteuer im E-Commerce wissen musst.
Was ist die Umsatzsteuer?
Die Umsatzsteuer, umgangssprachlich auch Mehrwertsteuer, wird auf den Verkauf von Waren und Dienstleistungen erhoben. Sie wird zwar von Unternehmen an das Finanzamt abgeführt, aber von Endverbraucher:innen gezahlt. In Deutschland beträgt der reguläre Satz 19 %, für bestimmte Produkte gilt ein ermäßigter Satz von 7 %.
Diese Umsatzsteuer-Regelungen gelten im E-Commerce
Dienstleistungen, die auf elektronischem Wege – also auch im Onlinehandel – erbracht werden, zählen im Steuerrecht als sonstige Leistungen und unterliegen demnach auch den allgemeinen Besteuerungsprinzipien dieser Kategorie. Für Leistungen an nicht-steuerpflichtige Abnehmer:innen innerhalb der Europäischen Union sowie für Leistungen von Unternehmer:innen außerhalb der EU an Nicht-Unternehmer:innen im EU-Gebiet gibt es allerdings Sonderregelungen.
Wenn du in Deutschland einen Onlineshop betreibst, gelten für dich hinsichtlich der Umsatzsteuer folgende Regelungen bei der Abrechnung an …
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… Leistungsempfänger:innen im Inland: Leistungen unterliegen der Umsatzsteuer mit Normalsatz (19 %).
Die Rechtsgrundlage dafür ist § 3 a Abs. 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für nicht-unternehmerisch tätige und § 3 a Abs. 2 UStG für unternehmerisch tätige Kundschaft. -
… unternehmerisch tätige Leistungsempfänger:innen im Ausland: Leistungen sind im Inland nicht steuerbar.
Die Rechtsgrundlage dafür ist bei Leistungsempfänger:innen im EU-Ausland § 3 a Abs. 2 UStG mit Hinweis auf deren Steuerschuld. -
… nicht-unternehmerisch tätige Leistungsempfänger:innen mit Ansässigkeit im übrigen EU-Gebiet: Leistungen unterliegen der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat der EU-Kund:innen.
Die Rechtsgrundlage dafür ist § 3 a Abs. 5 UStG, mit Ausnahme der Bagatellregelung, die seit 1.1.2019 gilt. -
… nicht-unternehmerisch tätige Leistungsempfänger:innen mit Ansässigkeit außerhalb der EU: Leistungen sind im Inland nicht steuerbar.
Die Rechtsgrundlage dafür ist § 3 a Abs. 5 UStG.
Keine Umsatzsteuer durch Kleinunternehmerregelung
Du bist neu im E-Commerce und hast noch geringe Umsätze? Dann ist die sogenannte Kleinunternehmerregelung für dich relevant. Sie soll kleinen Unternehmen bessere Wettbewerbschancen einräumen und besagt, dass du von der Umsatzsteuer befreit bist, solange dein Umsatz im Vorjahr unter 22.000 Euro lag. Im Folgejahr sollte der Gesamtumsatz dann nicht mehr als 50.000 Euro betragen, um noch von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen zu können.
Lesetipp: Keiner kauft in deinem Onlineshop? Wir geben dir Tipps, wie du das Problem findest und deinen Umsatz nachhaltig steigerst.
Als Kleinunternehmer:in musst du keine Umsatzsteuer auf deinen Rechnungen ausweisen. Nur falls du die Umsatzgrenze überschreitest, musst du die Umsatzsteuer rückwirkend abführen. Um Gebrauch von der Regelung zu machen, gibst du einfach einen entsprechenden Hinweis auf deinen Rechnungen an. So sparst du dir eine Menge Verwaltungsaufwand – allerdings kannst du im Gegenzug auch keine Vorsteuer abziehen. Als Vorsteuer wird die Umsatzsteuer bezeichnet, die für Unternehmen beim Einkauf von Waren oder Dienstleistungen anfällt und vom Finanzamt rückerstattet wird.
Du solltest also in deine Kalkulation einbeziehen, dass dir dieser Betrag nicht zur Verfügung steht, wenn du die Kleinunternehmerregelung nutzen möchtest. Außerdem kann es insbesondere im B2B-Geschäft sein, dass deine Geschäftskund:innen den fehlenden Vorsteuerabzug als Nachteil sehen.
Darüber hinaus ist es wichtig zu wissen, dass die Kleinunternehmerregelung nur für den deutschen Markt gilt. Verkäufe ins Ausland können also weiterhin den jeweiligen nationalen Regelungen der Umsatzsteuerpflicht unterliegen.
In diesem Video (auf Englisch) geben wir dir einige allgemeingültige Tipps, wie du dir den Umgang mit Steuern erleichterst:
Umsatzsteuer beim Verkauf ins EU-Ausland
Wenn dein Onlineshop international erfolgreich ist, steht vielleicht bald die Entscheidung an, in andere EU-Länder zu verkaufen. Seit dem 1. Juli 2021 gibt es für den Vertrieb ins EU-Ausland neue Regelungen, die wichtige Vereinfachungen für dich als Unternehmer:in mit sich bringen.
One-Stop-Shop
Spätestens mit dem Verkauf in mehrere EU-Länder kommt der sogenannte One-Stop-Shop (OSS) ins Spiel. Diese Regelung ersetzt seit dem 01.07.2021 das bisherige System der unterschiedlichen Lieferschwellen in Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.
Das bedeutet: Vorher mussten Unternehmen, die einen EU-weiten Umsatz von mehr als 10.000 Euro jährlich erreichten, die Umsatzsteuer in dem jeweiligen Bestimmungsland abführen. Anstatt dich in jedem Land einzeln zu registrieren, kannst du nun aber das One-Stop-Shop-Verfahren nutzen. Dabei meldest du deine gesamte EU-Umsatzsteuer zentral an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) und dieses verteilt die Steuergelder an die entsprechenden Länder.
In erster Linie schränkt das die Bürokratie für Unternehmen ein und ermöglicht ihnen eine einfachere Abwicklung der internationalen Geschäfte. Ein großer Vorteil liegt auch darin, dass du dich als Unternehmer:in nicht mehr in jedem einzelnen EU-Land steuerlich registrieren lassen musst. Du sparst also Zeit und Kosten, die sonst durch die Einhaltung unterschiedlicher nationaler Vorschriften entstehen würden.
Lieferkettenfiktion
Als zusätzliche umsatzsteuerliche Vereinfachung wurde im E-Commerce die sogenannte Lieferkettenfiktion eingeführt. Diese bindet digitale Marktplätze bei Verkäufen durch Unternehmen an Privatpersonen steuerrechtlich in die Lieferkette ein. Der Marktplatz erhält quasi fiktiv die Lieferung von Onlinehändler:innen und tätigt die Lieferung an die Endkund:innen.
Lesetipp: In diesem Beitrag erfährst du alles, was du zu Dropshipping-Steuern wissen musst.
Steuerregelungen für Online-Marktplätze
Mit Inkrafttreten der Lieferkettenfiktion bringt der Verkauf auf Plattformen wie eBay und Amazon spezielle steuerliche Umstände mit sich. Da der Marktplatz fiktiv für die Lieferung zuständig ist, übernimmt er auch die Verantwortung für die Abwicklung der Umsatzsteuer und nicht das verkaufende Unternehmen.
In § 3 Abs. 3a UStG werden folgende Bedingungen für die Lieferkettenfiktion definiert:
- Die Lieferung wird über eine elektronische Schnittstelle, also einen Online-Marktplatz, eine elektronische Plattform etc. ausgelöst.
- Die Onlinehändler:innen sind ansässig in einem Drittland, also außerhalb des europäischen Gemeinschaftsgebiets.
- Die Lieferung selbst findet inländisch bzw. innereuropäisch statt – sie beginnt und endet also im EU-Gebiet.
- Die Lieferung erfolgt in letzter Instanz an private Endkund:innen (bis 2027).
Ab 2027 soll der letzte dieser Punkte aufgehoben werden, indem das Maßnahmenpaket "VAT in the Digital Age“ (kurz: ViDA) in Kraft tritt. Dieses erweitert den Rahmen der Lieferkettenfiktion von ausschließlich B2C-Geschäften auch auf B2B-Lieferungen.
Außerdem soll die Lieferkettenfiktion durch ViDA bereits 2025 auch auf Inlandsgeschäfte ausgeweitet werden. Wenn du gewerblich auf Marktplätzen im Internet verkaufen möchtest, solltest du die Regularien also kennen und vorbereitet sein.
Kann ich im E-Commerce etwas von der Steuer absetzen?
Ja, das kannst du! Glücklicherweise gibt es einige Möglichkeiten, die Betriebsausgaben rund um deinen Onlineshop steuerlich geltend zu machen. Dazu gehören:
- Kosten für die Erstellung deines Onlineshops (bei eigener Erstellung)
- Lohnkosten und Fortbildungskosten für deine Belegschaft
- Marketingausgaben, z.B. für Werbung auf Google oder Facebook (Meta)
- Wareneinkauf und Versand im direkten Zusammenhang mit deinem Verkauf
- Arbeitsmittel wie Computer, Kameras und weitere übliche Betriebsmittel
- Software und digitale Dienstleistungen inklusive Wartung und Reparatur
Darüber hinaus gibt es einige weniger offensichtliche Kosten aus Dienstleistungen wie Steuerberatungs-, Anwalts- oder Gutachterkosten, die dir helfen, deine Finanzen im Griff zu behalten, die du ebenfalls absetzen kannst.
Das bedeutet, dass du all diese Ausgaben in deiner Steuererklärung angeben kannst und dadurch den zu versteuernden Anteil deines Einkommens reduzierst. Es lohnt sich also, alle Belege sauber zu sammeln und im Blick zu behalten.
Lesetipp: In diesem Beitrag geben wir Buchhaltungstipps für Kleinunternehmer:innen – für mehr Überblick und weniger Fehler im Rechnungswesen.
Fazit: Beachte Umsatzsteuer-Regelungen und profitiere
Die Umsatzsteuer im E-Commerce ist ein komplexes Thema, das du auf keinen Fall ignorieren solltest. Allerdings kannst du neben einigen Pflichten auch von den Gesetzen profitieren. Denn viele Kosten, die rund um einen Onlineshop entstehen, kannst du steuerlich geltend machen – ein großer Vorteil, den du unbedingt nutzen solltest. Falls du gerade erst startest, lohnt es sich möglicherweise auch eine Steuerberatung in Anspruch zu nehmen, um Fehler zu vermeiden und deine steuerlichen Pflichten optimal zu erfüllen.
Egal, ob du mit einem kleinen Shop beginnst oder bereits international verkaufst – eine gründliche Planung deiner steuerlichen Verpflichtungen erspart dir später viel Ärger und ermöglicht ein nachhaltiges Wachstum.
Haftungsausschluss: Dieser Artikel dient ausschließlich zu Informationszwecken und stellt keine professionelle Steuer- oder Rechtsberatung dar. Bitte konsultiere eine unabhängige Rechts- oder Steuerberatung für Informationen, die spezifisch für dein Land und deine Umstände gelten. Shopify haftet in keiner Weise für deine Verwendung oder dein Vertrauen in diese Informationen.