„Das Bauernsterben geht weiter“ titelte schon 2015 die Süddeutsche Zeitung. Die Landwirte kämpfen ums Überleben, das lesen Verbraucher in den letzten Jahren immer wieder in den Zeitungen. Junge Männer und Frauen wollen nicht mehr in die Fußstapfen ihrer farmenden Eltern treten, die Milchpreise sinken so tief, dass Bauern am Existenzminimum leben. Die Folge: Kleine Bauernhöfe weichen der Massenproduktion und Tierhaltung.
Durchsetzen kann sich, wer fortschrittlich denkt und handelt, so wie die Betreiber des Hofs Stövesandt, die seit 450 Jahren ihre Felder beackern, bewässern und pflegen. Milch, Zuckerrüben, Mais, Getreide und Kartoffeln werden auf dem niedersächsischen Betrieb angebaut, doch entgegen der archaischen Vorstellung eines Bauernhofs, werden ausgewählte Produkte heute im eigenen Onlineshop angeboten.
Leitfaden: Du willst dein Ladengeschäft online bringen? Wie du mit Shopify dein Onlinebusiness erfolgreich startest, erfährst du hier.
Alles hat einen Anfang
Lange vor dem Internet wurde der Hof Stövesandt 1587 gegründet und wurde seither von Generation zu Generation weitergegeben. Der nächste in der Reihe der Erben ist Hermann Reinecke, dessen Vater den Hof bis heute leitet. Vor drei Jahren ist der Junior in das Business seiner Familie eingestiegen. Die Landwirtschaft liegt ihm am Herzen, weshalb er eine Ausbildung zum Landwirt anstrebte und später in einem aufbauenden Studium zum Agrarbetriebswirt und Wirtschaftsingenieur seine spätere Position festigte. Die Umstellung auf eine biologische Produktion, die der Hof durchlaufen hat, hat der junge Landwirt mit vorangetrieben.
Der langfristige Ausbau auf speziellere Kulturen, jenseits des Standards der Region oder der deutschen Landwirtschaft ist mein Ziel.
Im Sinn hat er dabei Süßkartoffeln, Heidelbeeren und vor allem die Aroniabeere, die es ihm angetan hat. Der Gedanke dabei: Obst und Gemüse, das in der Regel aus dem Ausland importiert wird, soll in Zukunft selbst angebaut und vermarktet werden.
Der Vertrieb frischer Produkte im Internet war damals schwierig. Die hohen Versandkosten passten nicht zum Produktpreis.
Das Gespür für die Kombination von Ackerwirtschaft und dem Handel im Internet trieb Hermann schon im jungen Alter von 15 Jahren an. Damals interessierte er sich bereits für den E-Commerce und baute einen Magento Shop für Speisekartoffeln. „Der Vertrieb frischer Produkte im Internet war zu der Zeit schwierig. Die hohen Versandkosten passten nicht zum Produktpreis“, erinnert sich Hermann. Und trotzdem fanden sich einige Abnehmer für die digital vertriebenen Erdäpfel. Seitdem wuchs der Gedanke, nicht heimische Beeren wie die Aroniabeere überregional als Nischenprodukt über das Internet anzubieten. Eine Idee, die bis zu seinem 30. Lebensjahr in ihm brodelte, bis die Aroniabeere es schließlich zum Star seines neuen Shopify Stores geschafft hat.
Lesetipp: Weitere Erfolgsgeschichten von Shopify-Händlern in Deutschland, Österreich und der Schweiz findest du hier.
Bio-zertifiziert und handgepflückt: Die Aroniabeere vom Hof Stövesandt
Digital und Landwirtschaft – kein Gegensatz
Bevor Hermann in den Familienbetrieb eingestiegen ist, wurden die auf dem Hof angebauten Produkte nicht vermarktet. Die produzierte Milch geht heute noch an eine Molkerei und Kartoffeln werden an die Genossenschaft abgegeben. Einen Einfluss auf den Verkaufspreis haben die Landwirte dabei nicht. „Sie produzieren Milch, Fleisch, Obst oder Gemüse und liefern es an Genossenschaften, Großhändler und verarbeitende Betriebe, ohne dass der Preis verhandelt werden kann“, erklärt Hermann die schwierige Lage der Bauern.
Landwirte produzieren Milch oder Gemüse und liefern es an Großhändler und verarbeitende Betriebe, ohne dass der Preis verhandelt werden kann.
Der Vertrieb neuer Kulturen und verarbeiteter Produkte soll diese Tatsache ändern und dem Hof neue zukunftsfähige Sicherheiten bringen. Ein Standbein ist nicht genug, daher arbeitet Hermann am Aufbau einer Marke und möchte die angebotenen Lebensmittel weniger austauschbar machen, um so einen größeren Einfluss auf ihre Verkaufspreise zu gewinnen. Die Entwicklung eines E-Commerce ist seine moderne und unkonventionelle Antwort auf die heutigen Probleme landwirtschaftlicher Betriebe.
Lesetipp: Onlineshop erstellen: 6 Expertentipps für die erfolgreiche Einrichtung eines Onlineshops findest du hier.
Denn nicht jeder Kunde hat die Möglichkeit, die Farm, von der er sein Obst und Gemüse, seine Milch und sein Fleisch verzehren möchte, zu besuchen. Die Wege auf dem Land sind weit, frische Lebensmittel legen bisweilen Strecken zurück, die eine arbeitstätige Mutter oder ein alleinstehender Rentner für eine kurze Stippvisite nicht überwinden können.
Wenn du noch auf der Suche nach Inspiration für deinen Shop bist, beschäftigen wir uns in diesem Blogbeitrag mit der Frage: "Was lässt sich gut verkaufen?"
Über den Onlineshop findet ein Austausch statt, den es sonst nicht geben würde. Hermann erhält das Feedback seiner Kunden und kann ganz einfach über eine Kommentarfunktion eine Antwort absetzen. Positive Rückmeldungen sind für ihn eine Belohnung. Aber auch Kritik findet er wichtig, denn die Option auf Wünsche und Verbesserungsvorschläge einzugehen, hat er bei der Belieferung des Einzelhandels nicht. Die neue Technologie, der so oft vorgeworfen wird, dass sie eine Distanz erzeugt, wirkt hier ganz gegenteilig: Der E-Commerce bringt den Landwirt und seine Kunden näher zusammen.
Der Anbau der Aroniabeere in der Lüneburger Heide
Überlebensfähig durch E-Commerce
„Wie machst du deinen Hof überlebensfähig?“ Aufgrund der Entwicklungen hört Hermann diese Frage häufig. Aktuell gibt es erst wenige Landwirte, die E-Commerce als Lösung gegen das Aussterben ihres Hofs entdeckt haben. Stattdessen haben in der Vergangenheit viele Agrarunternehmen versucht, mit einer Spezialisierung auf bestimmte Produkte überlebensfähig zu bleiben. Nur Äpfel, nur Kartoffeln, nur Eier oder eben nur Fleisch – ganz besonders im Bereich der Tierhaltung sind sie damit auf wenig Akzeptanz bei den Konsumenten gestoßen. Verbraucher legen immer mehr Wert auf eine artgerechte Unterbringung von Schweinen, Kühen und Hühnern.
Die zunehmenden Probleme, von den Preisen für tierische Produkte bis zu den Schwierigkeiten bei der Genehmigung neuer Ställe, treiben die digitale Entwicklung voran. Heute wird die Thematik des Onlinehandels in den Köpfen der jungen Landwirte präsenter. Hermann ist einer der Vorreiter, aber es werden sicher andere seinem Beispiel folgen.
Auf der Plantage und im Netz: die Aroniabeere
Hermann hat sich auf ein Produkt festgelegt, mit dem er den Onlineshop des Hof Stövesandt startete. Sein prominentes Angebot ist das Bio OPC Pulver, das er aus den Aroniabeeren, die auf seiner Plantage wachsen, gewinnt.
Seine Work-Life-Balance ist dem jungen Mann wichtig, die Berufung des Landwirts verlangt ohnehin einen hohen zeitlichen Einsatz und stete Pünktlichkeit, insbesondere bei der Arbeit mit Milchkühen, die gefüttert und gemolken werden wollen, täglich zur gleichen Zeit. Eine große Produktpalette kann er daher online aktuell nicht anbieten, die Betreuung und Abwicklung der Aufträge würde ihn einfach zu viel Zeit kosten. In der Theorie denkt er trotzdem einen Schritt weiter, langfristig kann er sich den Vertrieb anderer Erzeugnisse vorstellen.
Ich habe noch nie gehört, dass jemand selbst Zucker aus seinen Rüben herstellt und verkauft, aber wer weiß? Unmöglich ist es nicht.
Die Beschäftigung mit dem Themenbereich der alternativen Medizin führte ihn in die Nische, die er bedienen möchte. Die Aroniabeere kannte Hermann bereits als Lieferant für OPC, einen natürlichen Stoff, der sich positiv auf die menschliche Gesundheit auswirkt. Der Wissensdurst trieb den künftigen Hofleiter voran, er sammelte Informationen zum Anbau und zur Ernte der dunklen Beere und ließ sogar Tests durchführen, die ihn zu dem Schluss führten, dass das Produkt genau richtig für den überregionalen Verkauf in einem Onlineshop sei.
Lesetipp: In 12 Schritten zum eigenen Dropshipping-Store. Wir zeigen dir, wie wir mit Shopify Dropshipping in wenigen Tagen einen beachtlichen Umsatz erzielt haben.
Bio OPC Aronia, produziert am Hof Stövesandt
Gesucht und gefunden – das richtige Shopsystem für den Newcomer
Erste Anläufe, eine Website für den Hof aufzubauen, unternahm Hermann mit Jimdo. Zunächst wollte er lediglich ausprobieren, ob die Inbetriebnahme eines Onlineshops sein Business weiterbringen könnte. Leider empfand er das Dashboard des Anbieters nicht als selbsterklärend und Versuche, das OPC-Pulver über den Marktplatz Amazon anzubieten, machten ihn nicht glücklich. Die ständige Gefahr wegen kleinen Fehlern von der Plattform gesperrt zu werden, war ihm zu hoch. Außerdem lieferte er sich mit dem Vertrieb via Amazon genau jener Austauschbarkeit aus, der er ursprünglich hatte entkommen wollen.
Lesetipp: Amazon, eBay oder ein eigener Shop? Welches Verkaufsportal für Verkäufer geeigneter ist, liest du hier.
Hermann durchstöberte das Internet, als er auf Shopify stieß, das Shopsystem, das keine Programmierkenntnisse von ihm forderte und von dem er sich gut abgeholt fühlte. Die Aufregung, als es funktionierte, war so groß, dass Hermann prompt seinen Urlaub vergaß. Stattdessen verbrachte er seine Zeit, die einzelnen Shopify-Bausteine zu einem Shop zusammenzusetzen, der seinen Anforderungen entsprach. Die Kombinationsmöglichkeiten mit Apps, die seine Onlinepräsenz ergänzen und verknüpfen, begeistern ihn noch heute und die Professionalisierung des eifrig gestalteten Markts befindet sich in vollem Gange.
Farmers’ Future
In Zukunft möchte Hermann noch mehr auf die Nachfragen seiner Kunden eingehen. Dazu nutzt er die Kommentarfunktion, die sein Onlineshop Käufern und Interessenten bietet. Zusammen mit ihnen möchte er wachsen und seinen Handel durch ein größeres Sortiment aufbauen. Irgendwann wird sein Feld dann vielleicht durch neue und vielfältige Pflanzen bereichert, die nicht nur während des Anbaus, sondern auch während der Verarbeitung, Vermarktung und des Verkaufs unter seiner Obhut stehen.
Einen Blick in die Zukunft zu werfen, rät Hermann auch anderen Onlinehändlern und jenen, die es noch werden möchten:
Es ist einen Versuch wert, ein bisschen Zeit zu investieren, um sich und sein Unternehmen mit einer nachhaltigen Onlinepräsenz zu stärken!
Über die Autorin: Inara Muradowa ist Shopify Partner, SEO-Expertin und Corporate Blogger. Neben technischer Suchmaschinenoptimierung und SEO-Beratung steht sie Unternehmen mit Konzeption und Verfassen von professionellen Blogposts tatkräftig zur Seite.
Weiterlesen
- Ideen verkaufen- Umsatz steigern ohne Rabatte - das kannst du auch!
- TSE- Shopify POS KassenSichV-konform machen
- SKU- Wie die Artikelnummer funktioniert & dein Business stärken kann
- Die perfekte Symbiose aus Einzelhandel und E-Commerce- So nutzt Paper & Tea aus Berlin das Shopify Kassensystem
- Mehrwertsteuersenkung durch Konjunkturpaket ab 1. Juli 2020- Was Händler*innen jetzt wissen müssen [aktualisierter Artikel
- Verlustprävention- Tipps & Strategien bei Warenschwund im Einzelhandel
- Wie Shopify POS Wildling half, den Umsatz um 100 Prozent zu steigern und die Ausgaben um Tausende Euro zu senken
- Großhandel für Wiederverkäufer- So startest du als Reseller durch