Vielleicht bist du mit Augmented Reality (AR), zu Deutsch „erweiterte Realität”, noch nicht so vertraut. Du hast sie aber bestimmt schon einmal in Aktion erlebt.
Denn im Gegensatz zu ihrem Verwandten, der Virtual Reality (VR) (auf Englisch) – die ein Headset benötigt, um in eine andere Welt einzutauchen – nutzt AR die Kamera deines Smartphones, um die reale Welt um dich herum in eine Leinwand zu verwandeln, die mit interaktiven virtuellen Objekten angereichert werden kann.
AR nutzt Computer Vision und Tracking über deine Kamera, um ein virtuelles Objekt an einem physischen Punkt in deiner Umgebung zu verankern. Wenn du deine Kamera um das Objekt bewegst, näher heran trittst oder weiter weg gehst, passt das Objekt seine Größe und Position an deine Sicht auf die reale Welt an.
Trotz des Potenzials dieser Technologie war es bislang leicht, AR als bloßes Gimmick abzutun. Die bisherigen Anwendungen konnten qualitativ nicht überzeugen. Ein echter Wandel für die Welt des Handels? Weit gefehlt.
Bis jetzt.
Augmented Reality: nicht ganz neu, aber erheblich verbessert
Der Begriff „Augmented Reality“ wurde in den frühen 90er Jahren erstmals geprägt und praktisch angewendet. Er wurde von den Armstrong Labs der US-Luftwaffe entwickelt und erforderte eine komplizierte Einrichtung, die so aussah.
Seitdem gab es mehrere Versuche – wie zum Beispiel die Google Glass – eine leichte Brille zu entwickeln, die es dir ermöglicht, Augmented Reality unterwegs zu erleben. Diese waren jedoch nie wirklich für die breite Masse gedacht. Weder die Technologie noch der Markt waren bereit für tragbare AR.
Anders bei der mobilen AR. Snapchats Linsen und das beliebte standortbasierte Spiel Pokémon Go haben Nutzer:innen mit der Idee vertraut gemacht, durch die Kamera ihres Smartphones mit virtuellen Objekten zu interagieren. Damit gab es die ersten beiden Anwendungsfälle, die zeigen, dass Verbraucher:innen die Technologie annehmen.
Quelle: GIPHY
Doch auch hier war die Technologie alles andere als perfekt. Bewegten Spieler:innen ihre Kamera, blieben die Objekte nicht immer an ihrem Platz oder skalierten nicht realistisch in der Größe.
Das hatte zur Folge, dass Spieler:innen immer noch leicht zwischen realer und erweiterter Realität unterscheiden konnten.
Das änderte sich jedoch, als Apple iOS 11 und ARKit ankündigte. Damit erhielten Entwickler:innen die Werkzeuge, um bessere, realistischere AR-Erlebnisse zu schaffen. Ab diesem Zeitpunkt entwickelte sich die Technologie soweit fort, dass die virtuellen Objekte, die die Realität „erweitern“, fast nicht mehr von der Umgebung zu unterscheiden sind, in die sie platziert werden.
Aus den Spielen und amüsanten Tricks der Vergangenheit wurden immersivere, praktischere Erfahrungen für Verbraucher:innen und Unternehmen gleichermaßen.
Produkte virtuell zum Leben erwecken
Vielleicht die größte kommerzielle Chance innerhalb dieser verbesserten AR-Erlebnisse besteht darin, dass sie Kund:innen ein besseres Gefühl für die Größe von Produkten geben und es ihnen ermöglichen, sie so zu bewerten, als wären sie direkt vor ihnen.
„Passt dieses Sofa in die Ecke meines Wohnzimmers?“
„Wie wird diese Vase auf meinem Tisch aussehen?“
Anstatt über diese Dinge nachzudenken, können Verbraucher:innen eine virtuelle Version des Produkts durch die Kamera ihres Smartphones in ihren eigenen vier Wänden projizieren.
Für Magnolia Market, ein Wohn- und Lifestyle-Unternehmen in Waco, Texas, das Chip und Joanna Gaines von HGTVs Fixer Upper gehört, war AR der perfekte Weg, um Käufer:innen zu zeigen, wie Magnolias Produkte in ihren eigenen Häusern aussehen würden. Dafür nutzen sie die Magnolia Market App.
Das AR-Team von Shopify arbeitete mit Magnolia zusammen, um ARKit in ihre native App zu integrieren. 3D-Modelle ausgewählter Produkte wurden intern erstellt, um so viele Details und Realismus wie möglich einzufangen, damit die Käufer:innen ein Produkt von vorne, hinten, oben, innen – aus welchem Winkel auch immer – sehen konnten.
Das war das Ergebnis:
Stone Crandall, Digital Experience Manager bei Magnolia, beschreibt die Zielsetzung so: „Wenn die Leute zu uns nach Waco kommen, wollen wir sicherstellen, dass jedes Detail den wahren Geist von Magnolia einfängt. Nicht jede:r hat die Möglichkeit, uns persönlich zu besuchen, aber es war uns trotzdem wichtig, dass die Feinheiten des In-Store-Erlebnisses auch für diejenigen sichtbar werden, die online oder unterwegs einkaufen – Augmented Reality macht dies möglich.“
„Mit dieser Technologie können die Nutzer:innen unsere Produkte aus der Nähe betrachten und die Feinheiten, die sie besonders und einzigartig machen, untersuchen“, sagt Stone. „Wir möchten immer, dass unsere Gäste mit dem Gefühl nach Hause gehen, von ihrem Erlebten inspiriert worden zu sein. Und dank der neuen Magnolia-App können sie genau das tun – egal, wo sie sich gerade befinden – und zwar ganz bequem mit ihren Händen.“
Die Möglichkeit, Produkte virtuell im eigenen Zuhause zu platzieren, führt letztendlich zu einem informierteren Einkaufserlebnis, erklärt Stone.
„Dank AR haben Online-Käufer:innen jetzt Antworten auf Fragen wie: Wie wird dieses Stück in meinem Zuhause aussehen? Wie groß ist der Artikel in der Realität? Wie sieht das Innere aus, oder die Rückseite? Am Ende des Tages ist nichts besser als das Einkaufserlebnis im Geschäft, aber AR bietet den Gästen die Möglichkeit, ebenso informierte Kaufentscheidungen aus der Ferne zu treffen, zu jeder Tageszeit.“
Die Kamera deines Smartphones: ein erweiterter Spiegel
Für andere Unternehmen liegen die Vorteile von AR nicht nur darin, deine Umgebung zu erweitern, sondern auch dein eigenes Erscheinungsbild.
Wenn du die Rückkamera deines Smartphones auf die Frontkamera umschaltest, verspricht AR einen „Spiegel“, der dir die Frage beantwortet: „Wie würde das an mir aussehen?“
Da Gesichtszüge im Allgemeinen bei den meisten Menschen ähnlich sind (die Platzierung von Augen, Nase, Mund usw.), sind unterhaltsame Anwendungen dieser Technologie auf den sozialen Medien wie Instagram, Facebook und Snapchat schon lange populär.
Aber über das Tragen virtueller Hundegesichter hinaus suchen einige Unternehmen nach praktischen Möglichkeiten, Gesichtserkennung zu nutzen, um Selfies zu erweitern.
Brillen und Kosmetik kommen sofort in den Sinn: zwei Produktarten, die Kund:innen vor dem Kauf ausprobieren möchten.
Deshalb hat Sephora seine App mit einer „virtuellen Anprobe“-Funktion aktualisiert. Sie ermöglicht es dir, Make-up an deinem spezifischen Hautton auszuprobieren. Brillenunternehmen wie Misterspex bieten ebenfalls eine ähnliche Funktion an, mit der Kund:innen verschiedene Brillenstile virtuell anprobieren können.
Jedes Gesicht ist anders. Wenn Kund:innen die Möglichkeit haben, verschiedene Looks im Komfort ihres eigenen Zuhauses auszuprobieren, könnte das das Einkaufserlebnis revolutionieren.
Fortschritte in der Augmented Reality können diese Erfahrungen im Laufe der Zeit nur besser, nützlicher und verbreiteter machen.
Virtuelle Welten über unsere eigene legen
Wenn du darüber nachdenkst, klingt es erstmal verrückt. Aber stell dir vor, dass du in Zukunft einer Vielzahl von virtuellen Welten begegnen könntest, während du durch die Straßen gehst.
Egal, ob es darum geht, fiktive Kreaturen zu suchen, die umherstreifen, oder großangelegte Kämpfe zu führen und zu gewinnen: Standortbasierte AR zwingt uns, physisch an einem bestimmten Ort zu sein, der mit diesem Punkt in der virtuellen Welt übereinstimmt.
Diese Art von AR war tatsächlich eine der ersten, die über eine Browser-App auf Smartphones gelangte. Die 2008 von Wikitude gestartete App ermöglichte es dir, Informationen über reale Orte um dich herum zu sehen, indem du deine Kamera auf sie richtest.
Heute sehen wir andere interessante Anwendungen von standortbasierter AR. Von Snapchats AR-Kunstinstallationen, die vom amerikanischen Künstler Jeff Koons entworfen wurden, bis hin zu diesem cleveren Konzept von Neon für eine soziale AR-App, die dir hilft, deine Freund:innen in einer Menschenmenge zu finden.
🤳 1. Hold up your iPhone → 2. Find your festival friends → 3. Rock on 🤟 Courtesy of ARKit 💖 Demo = @neonapp by @mrdavidurbina 🦄 pic.twitter.com/S9mp5Mjlal
— ARKit Weekly (@ARKitweekly) August 15, 2017
Es ist eine Sache, unsere aktuelle Welt mit virtuellen Schichten zu erweitern. Aber die Tatsache, dass unzählige virtuelle Versionen der Welt gleichzeitig existieren können – dass zwei Menschen denselben Raum betreten und völlig unterschiedliche Dinge sehen können – ist das, was wirklich aufregend ist.
Erst der Anfang für Augmented Reality
Die gegenwärtige Technologie schaffte es lange Zeit nicht, das volle Potenzial von AR auszuschöpfen. Doch bald könnte das ein Ende haben.
Apples ARKit (und jetzt Googles ARCore) haben Entwickler:innen auf der ganzen Welt die Werkzeuge gegeben, um die virtuelle und die reale Welt nahtloser als je zuvor zu verbinden.
Und auch wenn Smartphones uns bereits heute AR-Erlebnisse bieten, die bequem in unserer Hand liegen: Wie lange wird es noch dauern, bis wir alltägliche tragbare Brillen sehen, die es uns ermöglichen, AR freihändig zu erleben?
Es gibt noch viel zu lernen, aber wie bei allen revolutionären Technologien, die einst jung und ungenutzt waren, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Welt von morgen zur heutigen wird.
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